Soziales Leben im Möckernkiez

Wie sieht gelebte Nachbarschaft im Möckernkiez aus, wie ist die Idee entstanden, welche Aktionen und Projekte gibt es?

Auf dieser Seite geben wir einige Einblicke in die Geschichte des Möckernkiezes und beschreiben, wie sich das gemeinschaftliche Leben seit 2007 entwickelt hat. Berichte, die den zeitlichen Verlauf wiedergeben, werden ergänzt durch Berichte über verschiedene Arbeitsgruppen und ganz persönliche Erfahrungen von Mitbewohner*innen.

Geschichtliche Entwicklung

Arbeitsgruppen

Persönliche Berichte

Soziales Leben im Möckernkiez

Wie kommt Leben in ein neugebautes Stadtviertel? Es sind alltägliche Begegnungen auf der Kiezstraße, auf dem Kiezplatz und in den Höfen zwischen den Häusern, bei denen sich Nachbarinnen und Nachbarn begegnen und kennen lernen. Aber – die Möckernkiez-Initiative hatte sich viel mehr vorgenommen und das heutige Zusammenleben im Kiez zeigt, dass es gelungen ist, sehr vieles von diesen Plänen zu verwirklichen: Ein Dorf in der Stadt, ein lebhaftes Miteinander, ein Ort für zahlreiche Initiativen von Einzelnen und von Gruppen, die sich kulturell betätigen, politisch diskutieren und engagieren und mit ihrer Energie auch Gäste und die Nachbarschaft außerhalb des Kiezes anziehen.

Die folgenden Beiträge geben Einblicke in die Vielfalt dieser Aktivitäten. Sie lassen erkennen, dass die heute den Möckernkiez prägenden Formen aktiven Zusammenlebens erst durch beharrliches Dranbleiben vieler Einzelner möglich wurden. Es war nie selbstverständlich, dass es von allen Bewohnerinnen und Bewohnern finanzierte Gemeinschaftsräume gibt. Es war nie selbstverständlich, dass alle Bewohnerinnen und Bewohner in Hausgruppen organisiert und über den Beirat Einfluss nehmen können auf Entscheidungen, die den Kiez als Ganzes betreffen. Die Beispiele für kulturelle, sportliche und soziale Aktivitäten zeigen, dass hier jede und jeder etwas beitragen kann zum Gelingen des Zusammenlebens heute und in Zukunft.
Heike J.

Gemeinschaft braucht Gemeinschaftsräume – Von den Anfängen

Ein Blick in den Veranstaltungskalender der Webseite des Vereins Möckernkiez e.V. zeigt jeden Monat die Vielfalt an Aktionen und Veranstaltungen im Möckernkiez.
Von Beginn des Projektes Möckernkiez war klar, dass für ein gemeinschaftliches Leben Räume benötigt werden, um die Ideen und Visionen für ein Miteinander umzusetzen. 
Seit 2018 sind die Häuser der Möckernkiez eG fertiggestellt und bezogen, gleichzeitig wurde der „Treffpunkt“ eingeweiht – ein Projekt mit langem Anlauf, das nur durch sehr hohes Engagement vieler Mitgliederinnen und großer Hartnäckigkeit realisiert werden konnte. Der Betreiber des Treffpunkts ist der Verein Möckernkiez e.V, was nicht selbstverständlich war! Ziel des Vereins, der 2008 gegründet wurde, ist es, den sozialen Zusammenhalt und das Engagement im Kiez rund um den Gleisdreieck-Park nachbarschaftlich zu fördern mit dem Anspruch, den Kiez mit zu gestalten und Ideen zur Verbesserung der Lebensqualität umzusetzen. Mit großer Mehrheit wurde auf der MV im März 2017 die Bereitschaft der Genosseninnen bestätigt, diese Gemeinschaftsräume zusätzlich zur Miete gemeinschaftlich finanziell zu tragen.

Der Weg dahin war ein langer, teils zäher Prozess!

Im September 2007 startet die „Initiative Möckernkiez“, im April 2008 wird der „Möckernkiez e.V. für gemeinschaftliches, Generationen verbindendes Wohnen – ökologisch, barrierefrei und interkulturell“ gegründet und schließlich im Mai 2009 die „Möckernkiez Genossenschaft für selbstverwaltetes, soziales und ökologisches Wohnen eG“.

Das Modellprojekt hat das Ziel, ein gemeinschaftliches, Generationen verbindendes und barrierefreies Wohnen umzusetzen, das ökologisch, ökonomisch, sozial und partizipativ gestaltet ist und u.a. bezahlbare Wohnungen, langfristig stabile Mieten gewährleistet.

Ebenso soll ein soziales Konzept entstehen, um demokratische Selbstorganisation, aktive Bürgerschaft, Selbstbestimmung, eine guten Vernetzung mit Bewohnenden angrenzender Gebiete, eine barrierefreie Bauweise und die Integration von Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen ebenso wie gemeinschaftliches Leben mit Räumen für Gemeinschaft als auch für Privatheit.


Für diese Vision waren sehr viele Genossinnen aktiv, insbesondere auch in der AG 1 – soziale Stadt, die das soziale Konzept entwickelte. Die Initiatorin war Elke O., die ab 2008 die AG 1 leitete. Auf die Frage nach ihrer Motivation, sich zu engagieren und die AG1 –soziale Stadt zu gründen antwortete sie mit folgenden Worten:

Ich wollte mir einen Traum verwirklichen. Ich habe nach einem Projekt gesucht, wie ich auch im Alter gut leben kann. Es gab unterschiedliche Visionen, meine war es, etwas generationenübergreifendes aufzubauen. Dabei war von Beginn an klar, dass Räume zentral sind für eine Gemeinschaft.

Wir hatten drei grundlegende Anliegen:

  • Eine Perspektive für das Alter zu entwickeln
  • Kulturelle Angebote umzusetzen und uns mit der Nachbarschaft zu vernetzen
  • Angebote generationenübergreifend und insbesondere auch für Kinder zu schaffen.

Die AG 1 war eng am Verein Möckernkiez e.V. orientiert. Wichtig waren, Angebote für die Genossinnen von Beginn an zu schaffen und sich mit der Nachbarschaft zu vernetzten, z.B. durch die Mitwirkung beim Hornstrassenfest und bei der Kiezwoche, um eine Akzeptanz des Wohnprojektes in der Wohnumgebung zu schaffen. Zentral war dabei immer, einen Raum als Treffpunkt zu haben. Wir haben dafür zunächst verschiedene Orte genutzt wie die Kirche in der Wartenburgstrasse, die gelbe Villa und den Treffpunkt in der Yorckstrasse. Zentral war auch, dass immer Aktionen stattfanden, Workshops, Diskussionsrunden aber auch Feiern, um schon vor Baubeginn den Zusammenhalt zu fördern.

Im Dezember 2009 wurde das Papier: „Soziales Konzept“ durch die AG 1 – Soziale Stadt vorgestellt und war Konsens in der Genossenschaft. Die Prinzipien sind:

  • Gelebte Nachbarschaft: „Im Möckernkiez soll im Sinne gelebter Nachbarschaft ein Wohn- und Lebensraum entstehen, in dem sich alle gegenseitig nach ihren Möglichkeiten unterstützen, Jüngere und Ältere, Familien und Alleinstehende, Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen, mit und ohne Migrationshintergrund. Alle Gruppen und Personen können gemeinsam Aktivitäten gestalten, sich gegenseitig helfen, voneinander lernen und dabei erleben, dass jeder und jede wichtig ist.“
  • Schaffen einer organisatorischen und räumlichen Infrastruktur für ein soziales Zusammenleben. Die Basis hierfür bildete der Verein Möckernkiez. Um sich zu treffen und Gemeinschaft möglich zu machen, wurde die sog. „KiezStation“ als zentraler Anlaufort entwickelt, sowie ein offener KiezWerkraum, als kreativ-sozialer Raum angedacht, eine KiezKantine – als kulinarisch-sozialer Treffpunkt und ein Multifunktionsraum mit Gruppen- und Arbeitsräumen geplant. Inklusion durch Förderung von Teilhabe und Berücksichtigung spezieller Bedürfnisse war dabei zentraler Grundlage.

Ebenso entstanden im sozialen Konzept Grundregeln des Zusammenlebens, die sich auch aktuell auf der Internetseite der Genossenschaft befinden. Die Vision von Gemeinschaftsräumen existierte von Beginn an.

Anders als die Prinzipien der Genossenschaft wie Barrierefreiheit, Ökologie und Energieeffizienz werden die Gemeinschaftsräume ab ca. 2012 unter einen Finanzierungsvorbehalt gestellt. Auch externe Betreiber dieser Räume kommen ins Gespräch.
Im Juni 2012 kommt es zu einem personellen Wechsel und Neustart des Vereins Möckernkiez e.V.
Der Verein setzt sich nunmehr verstärkt für Gemeinschaftsräume ein und veranstaltet zahlreiche Diskussionsrunden dazu.
Im Februar 2014 wird die Fläche der eingeplanten Kiezstation von der Genossenschaft in der Planung nochmal deutlich reduziert, zuletzt besteht sie faktisch nur noch als Genossenschaftsbüro, ab Februar 2014 sind keine Gemeinschaftsräume in der Bau- und Finanzierungsplanung mehr vorgesehen.

Nach dem Scheitern der Bankenverhandlungen 2014 wird ein neuer Vorstand und Aufsichtsrat gewählt, der größtenteils die vielen Diskussionen zu Gemeinschaftsräumen nicht kennt. Der Umsetzungsdruck lässt wenig Raum für Diskussionen um soziale Themen und Gemeinschaftsflächen zu.

Im Juni 2016 gibt es dann die gesicherte Gesamtfinanzierung für den Möckernkiez, allerdings sind keine Gemeinschaftsräume mehr eingeplant, trotz einem diesbezüglich hohen Erwartungsdruck der Mitgliederinnen. Zahlreiche Initiativen werden gestartet wie ein Brief des AK „Teilhabe , Alter, Pflege“, Beiträge des Vereins, zahlreiche Stimmen aus der Mitgliedschaft. Daraufhin werden die Räume in der Yorckstr. 62 zur vorübergehenden Nutzung und als Treffpunkt, allerdings zeitlich begrenzt, gemietet. In der Folge ergreifen Mitgliederinnen der Genossenschaft und des Vereins erneut die Initiative zur Realisierung der Gemeinschaftsräume.

Die Initiative wird von vielen Seiten und auch vom Genossenschaftsvorstand unterstützt, nachdem der Verein Möckernkiez ein Betreiberkonzept vorlegte, das Grundlage für einen Vertrag mit der Genossenschaft wurde. „Wichtige Bestandteile des Betreiberkonzeptes sind Einrichtung eines Programmbeirats, Planungsrechnungen und eine Finanzierungsplanung für den Betrieb der Gemeinschaftsräume durch den Verein“, sagt Astrid K. die an dem Nutzungskonzept mitgewirkt hat.
Auch über die Finanzierung der Räume durch die Genossenschaft, als Teil der Gesamtfinanzierung, werden viele Diskussionen geführt. Den Sorgen einiger Mitglieder, den zusätzlichen Beitrag für die Gemeinschaftsräume nicht tragen zu können, wird durch die Einrichtung eines Härtefallfonds begegnet.

Im März 2017 beschließt die MV mit klarer Mehrheit, die Finanzierung der aktuellen Gemeinschaftsräume.
„Der Möckernkiez wurde verwirklicht durch eine starke Gemeinschaft. In allen Phasen des Projektes fanden sich Menschen, die Verantwortung für dieses Gemeinschaftsprojekt übernommen haben und dafür kämpften, dass Räume geschaffen wurden, in denen sich Gemeinschaft und Zusammenhalt entwickeln können.“ sagt Max B.-G., der von Beginn an der Umsetzung von Gemeinschaftsräumen aktiv beteiligt war.

Gemeinschaft braucht Räume! Dies zeigt sich täglich im Möckernkiez.

Die Gemeinschaftsräume stehen allen offen, eine Buchung ist über die Internetseite des Vereins möglich.
Der Verein arbeitet ehrenamtlich. Alle Aktionen und Veranstaltungen finden ausschließlich durch ehrenamtliches Engagement statt.
Nur durch Engagement aller kann die Vielfalt im Möckernkiez erhalten bleiben und ein solidarisches Miteinander umgesetzt werden!
Ingrid F.

Selbstverwaltung über den Beirat

In der Satzung der Möckernkiez Genossenschaft ist die Bildung eines Beirats vorgesehen (§ 16), der sich aus gewählten Vertreterinnen der Hausgemeinschaften zusammensetzt. Auch wenn der Beirat kein „genossenschaftliches Organ“ ist, so ist er doch durch seine Aufgabe wichtige Fragen der genossenschaftlichen Geschäftspolitik zu beraten, ein wichtiges Gremium für die Selbstverwaltung der Bewohnerinnen. Mitte/Ende 2014 fanden die großen Wohnungsvergaberunden statt. Danach konnten sich die Bewohnerinnen der 14 Häuser erstmalig treffen und ihre Sprecherinnen wählen. Das war die Voraussetzung zur Bildung eines Beirats, dessen konstituierende Sitzung am 16.03.2015 stattfand. Themen waren Zusammensetzung, Aufgaben und Rolle eines Beirats. Bis zum tatsächlichen Bestehen des Beirats wurde Ulrich T. als Sprecher gewählt. Zwei Monate später, am 18.05.2015, trafen sich die Sprecher*innen der 14 Häuser erneut und wählten Ulrich T. zum Sprecher des Beirats, Julia H. zur stellvertretenden Sprecherin und Michael F. als Schriftführer. Damit hatte sich der erste Beirat des Möckernkiez gebildet und konnte mit der Arbeit beginnen. Bis zum Einzug traf man sich im „Treffpunkt“ in der Hagelberger Straße. 2016 wurde die AG Fragen gegründet, um die vielen Fragen an den Vorstand zu bündeln. Auch die AG Barrierefreiheit entstand in dieser Zeit. Zwei Jahre später, am 14.11.2016, wurde Ulrich T. erneut zum Sprecher des Beirats gewählt, Marianne H. wurde Stellvertreterin, Michael F. erneut Protokollant. Durch den Baustopp von Herbst 2014 bis Frühjahr 2016 musste die Finanzierung angepasst werden und es wurden „Mieterhöhungen“ notwendig, die 2017 bekannt gegeben wurden. Danach freigewordene Wohnungen mussten neu vergeben werden. Dieser Prozess wurde durch Beratungen von Mitgliedern unterstützt, so dass 2017 der Großteil der Wohnungen neu vergeben werden konnte. In dieser Zeit fand auch das Ringen um Gemeinschaftsräume statt, die nur noch in den Gewerbeeinheiten zu realisieren waren. Am 15.10.2018 wurden Ulrich T. und Marianne H. als Beiratssprecher und Stellvertreterin bestätigt, Schriftführerin wurde Eva E. Im Beirat wurden wichtige Grundsatzpapiere diskutiert und beschlossen: 2019 gab es nach der Erstvergabe ohne Kriterien neue Wohnungsvergaberegeln mit einer Schlichtungskommission. Auch 2019 wurden Zufahrtsregelungen für die Kiezstraße erarbeitet.

Ein Open Space 2019 auf dem Kiezplatz setzte neue Impulse und der Möckernkiez entwickelte Grundsätze für neue Bauvorhaben. 2020 traf sich der Beirat durch die Corona-Epidemie nur noch virtuell. Im Beirat stand mit neuen Mitgliedern nach vier Jahren ein Wechsel an. Auf der Beiratssitzung am 15.September 2020 wurden Astrid K., Eva E. und Thomas F. als Team für den Beiratsvorsitz gewählt.

Zwei Jahre lang koordinierten sie die Aktivitäten des Beirats: Gleich zu Beginn wurden die Richtlinien des Beirats an die konsolidierte Wohn-Situation im Möckernkiez angepasst, weg von einer hierarchischen Struktur und hin zu einem 3er Team ohne eigene Stimmberechtigung. In den zwei Jahren als Beiratsvorsitz bemühte sich das Team, das Zusammenleben im Möckernkiez lebendig weiterzuentwickeln. Eine aktive Mitwirkung der Bewohnerinnen sowie der nicht im Möckernkiez wohnenden Genoss*innen war ein besonderes Anliegen. Die bisherige partnerschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Vorstand und Aufsichtsrat der Möckernkiez-Genossenschaft, sowie dem Möckernkiez-Verein wurde fortgeführt. Sowohl das Zukunftsforum als auch die Auswahl der beiden neuen Genossenschaftsvorstände wurden vom Beiratsvorsitz begleitet. Besondere Herausforderungen entstanden durch die Corona-Pandemie. Eine Serie von Gesprächen wurde initiiert, die eng vom Beiratsvorsitz begleitet wurde. Auch die „Banner-Krise“ forderte den Beiratsvorsitz und führte zu gemeinsamen Vereinbarungen zwischen Vorsitz und betroffenem Haus, mit denen auch der Genossenschaftsvorstand einverstanden war. Am 6. September 2022 wurde der Beiratsvorsitz abgelöst durch Florian H., Anita L. und Bernd R..
Astrid K.

AG Kultur: Verborgene Schätze heben

„Wir, eine Gruppe des Möckernkiez e.V., sammeln im Rahmen der Planungen für die Kiezstation und den Treffpunkt Ideen für kulturelle Veranstaltungen. Wir haben uns dafür ab Mitte 2018, wenn wir alle eingezogen und die Gemeinschaftsräume fertig sind, folgende Schwerpunkte und Inhalte vorgestellt: Lesungen, Film, Musik, Theater, und Ausstellungen.“

Mit diesen Worten und dem Aufruf, sich mit bei den Initiatorinnen mit Ideen zur Umsetzung zu melden, trat die Gruppe im November 2017 an die Möckernkiez-Öffentlichkeit und begründete damit die AG Kultur. Die Wurzeln lagen in der „AG 1“, die sich seit der Gründung des Vereins um gemeinschaftliche Interessen kümmerte.
Ein wichtiges Anliegen war es, „verborgene Schätze“, Talente, Wissen und Können der künftigen Nachbar:innen zu finden und sie im Kiez und in der Umgebung bekannt zu machen.
Das Konzept wurde umgesetzt und schnell ein Erfolg. Bis zu dem Zeitpunkt, als alle öffentlichen Räume wegen Corona geschlossen werden mussten, wurden das Forum und das Möca zu kleinen und großen Veranstaltungen genutzt, verbunden mit einem Ausschank, dessen Erlöse als Spenden die Vereinskasse unterstützten.

Im Frühjahr 2020 begannen Planungen für Sommerkonzerte auf dem Kiezplatz, um an der frischen Luft die Nachbarschaft zusammen zu bringen und durch Spenden der Besucher:innen den Künstler:innen eine kleine Unterstützung zukommen zu lassen.

Inzwischen kann die AG Kultur wieder ihr vielfältigen Konzept planen, organisieren und umsetzen. Das positive Besucheraufkommen zeigt: So kann es weitergehen.
Kontakt: moekult@posteo.de

Mehr als ein Sommernachtstraum

Mit der Eröffnung des Forums und des Cafés – quasi das Herzstück des Projekts- im Herbst
2018 ging für viele Möckernkiezler*innen ein großer Wunsch in Erfüllung. Neben Sport,
Kommunikation und Information zog Kultur aller Art ein. Damit erfüllte sich ein Traum: eine
Theatergruppe unter professioneller Leitung wurde ins Leben gerufen. Katalin S.
studierte Regisseurin und Mitbewohnerin voller Temperament, Humor und Ideen, begann aus
8 Genoss*innen Darsteller*innen zu zaubern, die langsam über sich selbst hinauswuchsen. Kein
Corona-Lockdown und kein Parkwächter, der uns auf der Wiese das Fechten verbot, hielten
uns davon ab, unser erstes Stück, Goldonis „Der Diener zweier Herren“, schließlich als Film zu
produzieren und in klirrender Kälte an eine Hauswand zu projizieren.
Im Herbst 2021 traute uns Katalin nun Shakespeare zu. Keine Altersgrenze, kein knarzendes
Knie hinderte uns am wilden, verwirrenden Spiel der jungen Verliebten. Mit professioneller
Theatertechnik, sogar auf den Brettern, die die Welt bedeuten, konnten wir umjubelte
Vorstellungen auf dem Kiezplatz geben.

In der 3. Runde, mit 2 neuen Mitstreiterinnen sind wir zu Neunt und ein wenig verjüngt, staunen
wir nun oft über Molière. Gesellschaftskritisch, emanzipiert und psychologisch erhellend sind
seine in Verse geschmiedeten komödiantischen und dramatischen Texte. Erfolgreiche Auftritte des Möckernkiez-Ensembles folgten dann im September 2023 auf dem Kiezplatz.
Astrid L, Katalin S. Ulrike M.

Grünpflege im Möckernkiez

Bei meinem Einzug in unsere Genossenschaftswohnung 2018 bot sich ein wüstenartiger Anblick auf unser Gelände: kein Baum, kein Strauch, Bauschutt im Boden. Ab August wurden dann nach Planung durch das Landschaftsarchitektenbüro HochC Bäume, Rankpflanzen und Hecken gesetzt sowie Wiesen und Rasen ausgesät. Trotz brütender Hitze vernachlässigte der beauftragte Gartenbaubetrieb die Bewässerung der Anpflanzungen. Daher entstand in der AG Grüner Daumen die Idee, die Pflege der Grünanlagen in Eigeninitiative zu übernehmen. Zunächst wurde das dazu erforderliche Wasser in Gießkannen aus den Wohnungen geschleppt. Ab 2019 konnten dann nach der Anschaffung von Standrohren die Regenwasserzisternen genutzt werden.
Da auch 2019 kaum Niederschlag fiel, waren die Zisternen schnell geleert. So entstand der Plan,
Grundwasserbrunnen bohren zu lassen, um bei Bedarf die Zisternen aufzufüllen. Nur so war es möglich, unser frisches Grün am Leben zu erhalten.

Mit der Hilfe von vielen Engagierten gelang es im Laufe der Jahre, aus der ursprünglichen Brache einen Möckernkiez mit üppiger Vegetation zu schaffen. Dazu bedurfte es intensiver Gespräche, Pflanzenberatung und der Einsicht, dass Gartenarbeit viel Geduld und Einsatz erfordert.

Seit 2020 wurden durch die Gruppe „Kiezplatz genießen“ auf dem vormals öden Kiezplatz Beschattung und Begrünung geplant und umgesetzt. Vier aufgestellte Gitterboxen wurden vertikal bepflanzt und dienen dank ihres großen Gewichts als Befestigung für schattenspendende Sonnensegel. So konnte sich auf dem Kiezplatz seither ein beliebter Treffpunkt im Freien entwickeln.

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Erderwärmung veranstaltete die AG Klima einen
Workshop mit dem Ziel, den Möckernkiez durch geeignete Maßnahmen Klima resilient zu gestalten.
Fassadenbegrünung, mehr Bäume, Entsiegelung, Nachbarschaftshilfe für vulnerable Gruppen, bauliche Veränderungen und technische Messungen zur Erhebung von Daten sind hierfür die Stichworte. Dazu sind wir mit dem Technischen Vorstand der Möckernkiez e.G. im Austausch, um Umsetzungsmöglichkeiten auszuloten.
Oberstes Ziel aller Maßnahmen und Überlegungen zur Grünpflege im Sinne des Klima- und Artenschutzes ist es, das soziale Leben im Möckernkiez zu bereichern. Zugleich sorgt der gemeinsame persönliche Einsatz für einen erfreulichen Spareffekt: die Kosten für den Erhalt unserer „grünen Lunge“ verringern sich dadurch jährlich um eine fünfstellige Summe.
Uli S.

Die Mittwochsgruppe

Das Möca….der Name war gefunden. Es gab eine tolle Kaffeemaschine, viele Menschen, zumeist Frauen, backten ihren Lieblingskuchen fürs Café, ein Treffpunkt großer Güte nun besetzt mit Ehrenamtlichen. Das ist im Möckernkiez möglich!

Die MiWo’s (Mittwochsgruppe) hatte eine Idee: Wir kochen einmal in der Woche für unsere Nachbarn ein Mittagessen. Wie viele werden interessiert sein? Fangen wir mal mit 20 Essen an!
Heute sind es 40 Essen …mehr geht nicht.

Uns macht es jede Woche viel Freude, etwas zu schaffen, was dazu beiträgt uns als Gemeinschaft zusammenzubringen.
Edelgard W.

Die Suppenküche

Seit Anfang 2022 finden sich Freitags um 10.00 Uhr zwei bis drei Kochfreudige zum „Schnibbeln“ im Möca ein. Am großen Tisch – oft dem gleichzeitig stattfindenden „Presseclub“ lauschend – werden verschiedene Gemüsesorten, Zwiebeln, Knoblauch, Kräuter in mundgerechte Stückchen zerteilt, gehackt und nach unterschiedlichsten Rezepten oder auch mal „aus der la main“ zu einer feinen Suppe verarbeitet. Dazu wird Kräuterbutterbaguette aus dem Ofen gereicht.
Ab 12.30 Uhr öffnet die Suppenküche ihre Türen, sie erfreut sich großer Beliebtheit und die etwa dreißig Portionen sind oft nach spätestens einer Stunde vertilgt.

Die Suppentruppe besteht überwiegend aus älteren Damen, zu unserer Freude sind auch zwei Männer dabei und besonders einer von beiden optimiert oft den Geschmack mit dem Hinweis: „Mehr Schärfe! Mehr Schmackes!“ oder „Da muss noch ein bisschen Säure ran.“
Dass sich die Gäste meistens lobend äußern, fördert natürlich den Spaß und die Motivation der Köch*innen.
Renate A.

Treffpunkt und der Werkraum- Herzstück des Möckernkiezes

Wer im Möckernkiez wohnt, zahlt mit der Miete für seine Wohnung auch einen kleinen Beitrag für die Miete der Gemeinschaftsräume. Das „Herzstück“ der Gemeinschaftsräume ist das wunderbare, ehrenamtlich betriebene Café Möca.

Es ist ein Ort, der Kommunikation leicht macht. Hier kann man bei Getränken und selbst gebackenen Kuchen neue Bekanntschaften schließen, alte Bekanntschaften erneuern oder einfach nur die immer wieder neuen, oft ungewöhnlichen Ausstellungen mit ihren Bildern, Fotos und Objekten bewundern.

Einmal im Monat gibt es den Sonntags-Mitbringbrunch, bei dem alle Besucher*innen eigene Speisen für das Buffet beisteuern. Ebenfalls gibt es ungefähr einmal im Monat einen „Kneipenabend“. Dann bringen die Besucher*innen Getränke und Snacks selbst mit. Weitere Aktionen wie ein Mitbring-Dinnerabend, verschiedene Stammtische etc. ergänzen das Angebot. Im Treffpunkt und im Möca finden ebenso die Hausgruppentreffen der Häuser des Möckernkiezes statt, in denen die Probleme und Anregungen der wohnenden Mitglieder*innen besprochen werden.
Claudia S.

Das Möca – viel mehr als Kaffee und Kuchen

Das Möca, unser Kiezcafé ist eine wunderbare Location hier in unserer Wohnanlage und ich bin sehr froh, dass sich bei der Planung unseres Kiezes die zukünftigen Bewohnenden mit dem Wunsch nach einem Kieztreff, und damit für das Café, durchgesetzt haben.
Ich finde das Möca mit seinen Holztischen, klein, groß und rund und seiner unterschiedlichen Bestuhlung, inklusive Sofa, äußerst gemütlich. Ohne es würde mir etwas fehlen. Auch für die kleinsten Möckis ist mit einer Spielecke gesorgt. Sie müssen nicht zu Hause bleiben, wenn die Eltern gerne mal ins Café gehen wollen.
Der Knaller ist allerdings die tolle Espressomaschine, mit deren Hilfe verschiedene Heißgetränke hergestellt werden können und ich hoffe sehr, dass unsere ehrenamtlichen Baristas auch weiterhin unsere Wünsche erfüllen.
Ich möchte auch die fleißigen Kuchenbäckerinnen nennen, die dafür sorgen, dass der Kühlturm immer mit feinen Torten und Kuchen lockt. Nicht zu zu vergessen ist, dass am Mittwoch und Freitag Nachbarinnen für Nachbarinnen kochen. Es gibt jeweils ein sehr schmackhaftes Mittagsgericht, der Freitag ist der Suppentag. Sobald es wärmer wird, werden große Sonnensegel über einen Teil des Kiezplatzes gespannt, Stühle und Tische darunter gestellt und das Möca hat einen perfekten „Biergarten“. Was wäre unser Kiez ohne das Möca!? Und was wäre das Möca ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer*innen.
Ingeborg G.

Ein Möca-Rezept

Dieses einfache (und etwas ungesunde) Rezept ist von meiner Mutter. Ich hatte es vor langer Zeit einem Freund weitergegeben und mein eigenes verbummelt. Dann war der Freund auch weg, tauchte wieder auf und mit ihm das Rezept. So wurde es zum Bestandteil meiner Kuchen als Bäckerin im Möca.

BECHERKUCHEN
Für den Boden:
1 Becher Sahne
1 Becher Zucker
2 Becher Mehl
3 Eier
1 Päckchen. Backpulver
1 Päckchen Vanille Zucker
Zutaten mischen und auf ein Blech geben und im vorgeheizten Backofen ganz unten bei 200 Grad für 10 Min. backen

Belag:
250 g Butter, flüssig
1 Becher Zucker
3 EL Milch
100 g Mandelblätter
Zutaten mischen und auf den vorgebackenen Boden streichen.
Dann nochmals auf Mittelschiene 10 Min. backen
Gutes Gelingen!
Regina v.P.

Persönliche Erlebnisse im und mit dem Werkraum

Lange bevor wir in den Möckernkiez einziehen konnten, war ich Mitglied in der AG Werkraum. Als er dann endlich im Januar 2019 eröffnet werden konnte, hatte ich nicht mehr ständig Zeit zur Mitarbeit. Und so bin zu einer der vielen Nutzerinnen und Nutzer geworden, die hier kostenlos Unterstützung unter dem Motto Hilfe zur Selbsthilfe erhalten. Es ist ein „bunter Strauß“ an Gelegenheiten, den ich dort schon wahrgenommen habe:

  • Beim ersten Mal habe ich einen antiken Bilderrahmen repariert. Der 60 x 85 cm große Rahmen hatte sich durch langes Herumstehen verzogen und mit Hilfe der Werkstattgruppe konnte ich ihn wieder zu einem rechtwinklig exakt verleimten Schmuckstück machen.
  • Meine Stehlampe wollte ich eigentlich als Elektroschrott in den Werkraum bringen. Sie war noch gar kein Schrott, sondern wurde fachkundig repariert.
  • Ich habe keine eigene Nähmaschine mehr, also gehe ich dienstags zur Textilgruppe in den Werkraum, wenn ich etwas mit einer Maschine nähen möchte. Das funktioniert prima, es sei denn, ich bin zu faul zum Nähen.
  • Meine Überlegung, ob ich mir ein Stehpult zum Arbeiten am Computer mit fachlicher Hilfe entwerfen und dann unter eigener Mitarbeit zusammenbauen lasse, muss ich noch eine Weile mit mir herumtragen, bevor ich sie in die Tat umsetze.
  • Zu Fragen des Arbeitens mit dem Computer habe ich aber bereits mehrfach guten Rat und praktische Hilfe erhalten. Der technische Support jeden Montag in der Computersprechstunde hat mir schon so manchen Euro erspart. Selbst wenn er in einem speziellen Fall nur darin bestand, nun aber flott die Gewährleistung in Anspruch zu nehmen, weil hier der Hersteller handeln müsse.
  • Zu guter Letzt ein Erlebnis besonderer Art: Ich hatte ein kleines Regal zusammenzubauen und hab um Hilfe in meiner Wohnung gebeten. Die Antwort lautete, das könne ich auch allein. Stimmt, ich habe das allein bewerkstelligt.

Der Werkraum ist eben der Hilfe zu Selbsthilfe verpflichtet.
Sabine J

In raschen Schritten am Bändele durch den Park

Dreimal wöchentlich kann man früh morgens mehrere Frauen (und gelegentlich auch vereinzelt Männer) am Baum zum Ausgang zum Park am Gleisdreieck eintreffen sehen. Sie sind unter der Leitung einer Bewohnerin im Möckernkiez, zum ca. einstündigen, 5,5 km langen Lauf durch den Park unterwegs und absolvieren im Anschluss 30-45 Minuten Gymnastikübungen auf der Wiese. Jeder im, um oder weit außerhalb des Kiezes ist herzlich willkommen, egal, ob man von Anfang an mitläuft, später im Park einsteigt oder „nur“ zur Gymnastik kommt. Die Teilnahme ist freiwillig und so tauchen manche nach Wochen wieder auf oder stoßen neu hinzu. Was die Teilnehmenden einigt, ist die Freude an Bewegung im Freien zu jeder Jahreszeit. Bisher hat starker Regen oder Glatteis nur drei- oder viermal die Treffen verhindert.

Es gibt diverse Themen, die während des Laufs erörtert werden können, manchmal unter viel Gelächter, andere Male mit leisen Stimmen einander anvertraut oder mit Engagement debattiert trotz unterschiedlicher Standpunkte. Unter ihnen laufe ich, Cordelia, eine blinde Bewohnerin im Kiez, mit. Vor jedem Lauf oder unterwegs drücke ich das Bändele einer Freiwilligen in die Hand, damit beide unabhängig voneinander die Arme beim schnellen Gehen frei bewegen können. Das Bändele dient mir als eine Art Richtschnur darüber, wie schnell meine Begleitung läuft, ob wir abbiegen oder dichter zueinander laufen müssen, um anderen Passant*innen, Fahrradfahrer*innen oder sogar E-Rollern auszuweichen. Manchmal korrigiert mich eine Hand auf der Schulter oder zieht am Bändele.

Die regelmäßigen Zusammenkünfte haben mir neue Freundschaften und einen Bekanntenkreis erschlossen. Das hat mir die Eingewöhnung in die neue Nachbarschaft erleichtert. Zwar gibt es im und um die Wohnsiedlung noch einiges an Hürden zu überwinden – z.B. wiederholt willkürlich abgestellte Autos, zweirädrige Fahrzeuge und Spielzeuge sowie fehlende taktile Hausnummern, aber der gute Wille vieler Mitmenschen ist vorhanden, bei Bedarf helfend mitzuwirken. Dafür bin ich dankbar und hoffe auf meine Weise etwas dazu beizutragen, was den Zielen des Möckernkiezes entspricht.
Cordelia S.

Meine persönlichen Gedanken zum Möckernkiez …

… kurz vor dem Umzug (12.04.2018)
Für mich ist der Möckernkiez mein Lebens(t)raum, in dem ich alt werden will, wo ich mit allem was ich bin und habe, einziehen werde. Ein Experiment mit Gruppendynamik in seltener Größenordnung. Gruppenprozesse haben mich schon immer fasziniert: ich habe in WGs gelebt, in Gruppen mitgearbeitet und als Kunsttherapeutin Prozesse initiiert und begleitet.

Ich bin also mit Haut und Haaren selbst daran beteiligt und mit einem gewissen Forscherblick gespannt, was dort passieren wird. Es ist kein Experiment, zu dem ich als Teilnehmerin hingehe und am Ende wieder nach Hause. Es findet zu Hause statt, Leben und Experiment sind eins, da gibt es keine Trennung, keine Distanz. Und die Entwicklungen der Einzelnen, der Hausgruppe, auf dem ganzen Gelände potenzieren/kumulieren sich.

Ich vergleiche es mit einem Raumschiff, das ins Ungewisse startet („in ferne Welten, die nie ein Mensch gesehen hat …“). Nur sind unsere fernen Welten nicht räumlich weit weg, wir werden sie im Alltag miteinander erschaffen. Auch kann man das Raumschiff unterwegs verlassen. Es ist an den Rändern nicht klar definiert, es gibt Untervermietung, manche können oder wollen nicht gleich mit einsteigen. Oder einfach nett wohnen, ohne weitere Ambitionen.

Für mich war es lange ein Silberstreif am Horizont, auf den ich alle Sehnsüchte projizieren konnte. Je näher der Einzug rückt, desto mehr erwischt auch mich gelegentlich das „Kalte-Füße-Syndrom“. Erstaunlich viele – auch langjährige Gründungsmitglieder – haben auf den letzten Metern alles abgeblasen. Wir leben bald wie auf dem Dorf, kriegen so viel voneinander mit. Wie werden wir mit dieser plötzlichen Nähe umgehen? Alte Ängste kommen auf … werde ich mich da wohl fühlen?

Keine frustrierende bis verhasste, aber manchmal auch ganz angenehme Anonymität mehr, in der uns alles nicht so angeht. Da kann man schon kalte Füße kriegen, abgesehen von evtl. aufzugebenen Altbauwohnungen, eingewachsener seit Jahr(zehnt)en vertrauter Umgebung. Jetzt eine sterile Neubauwohnung, oft kleiner und trotzdem teurer. Die ganze Lüftungs-Technik, vieles funktioniert (noch) nicht richtig. Kein Parkplatz, keine Rollläden.

Ja, die Entscheidung fürs Zusammenleben ist wie eine arrangierte Hochzeit in Indien, du kennst die anderen größtenteils nicht und hast sie dir nicht ausgesucht, willst aber mit ihnen eine gute Gemeinschaft aufbauen. In der man engagiert füreinander da ist und fair miteinander umgeht, uns möglichst liebevoll respektierend in unserer Eigenart, der ganzen Bandbreite der Bedürfnisse und Meinungen. Und mit Außenwirkung in den ganzen Kiez.

Jetzt wird’s ernst.
Nach 2 Jahren Abschied nehmen von der doch liebgewordenen Interimswohnung, nach dem großen Abschied vom alten Leben in Wiesbaden, wo ich vierzig Jahre gewohnt habe mit lang vertrauten Menschen und Orten. Was ganz Neues, dabei bin ich doch schon alt, und einen alten Baum soll man nicht verpflanzen(?).

Doch! Da ist auch das „Heiße-Füße-Syndrom“, dass ich es kaum noch erwarten kann, dass es endlich los geht. Dass das Raumschiff startet … ein mächtiger überwältigender Sog geht davon aus.


… und nach gut zwei Jahren Wohnen im Möckernkiez (15.7.2020)

Das Experiment läuft. Wir leben wie auf dem Dorf, und die räumliche Nähe im Haus und bei AGs, Veranstaltungen und Treffen schafft viel Vertrautheit. Wenn ich auch nur zum Müllhäuschen gehe, braucht das manchmal eine halbe Stunde, weil ich Mitbewohner*innen treffe. Mir begegnen immer noch Leute aus dem Kiez, die ich noch nie gesehen habe, aber ich kenne mindestens 100 persönlich und noch viele mehr vom Sehen. Auch durch meine Aktivitäten u.a. im Beirat.

Es war für mich sehr ungewohnt, dauernd wahrgenommen oder besucht zu werden, zu jeder Tageszeit, in jeder Verfassung. Früher haben Freunde vorher angerufen, jetzt klingelt es oft an der Wohnungstür. Schnell noch aufräumen geht dann nicht. Sich so viel zu zeigen: anfangs kamen da bei vielen alte Muster hoch – was denken die andern wohl von mir? Aber inzwischen ist es einfach locker und wir lachen miteinander.

Als „soziale Kontrolle“ empfinde ich es nicht, aber es ist auch anstrengend, sich immer dem eigenen Anspruch entsprechend zu verhalten! Denn wir pflegen wirklich einen fairen, wertschätzenden Umgang, es wird nicht getratscht oder ausgegrenzt, und dafür bin ich dankbar.

Enge Freundschaften habe ich noch nicht, die sind in der Heimat in Jahrzehnten gewachsen. Ich dachte, ich habe mich bald eingelebt, aber ich habe mein ganzes jüngeres Leben zurück gelassen und hier als „Alte“ angefangen, man kennt mich nur so. Ich habe keine „Altlasten“ aus früheren Zeiten, aber auch keine gemeinsamen Lebenserfahrungen wie manche im Kiez.

Das Zusammenleben hier hat für mich eine andere Qualität, keine seltenen intensiven Gespräche, sondern zusammen Wohnen, gemeinschaftliches Kümmern um Haus und Garten (der im Sommer so viel gegossen werden muss). Wer ist krank oder in Urlaub, welche Bedürfnisse, Ideen und Konflikte gibt es? Die Hausgruppe ist sehr wichtig, die eigene Etage ist meist noch verbundener.

Ich habe anderthalb Jahre in einer Beratungsstelle gearbeitet, das fand ich sehr befriedigend, auch als Lebensraum außerhalb des Möckernkiez. Jetzt lebe ich hauptsächlich hier und empfinde es manchmal wie ein Treibhaus, unter einer Glocke. Ich bewerbe mich gerade wieder, es ist nicht so leicht mit 66 Jahren einen passenden Honorarjob zu finden.

Ein ganz wichtiger Bezugspunkt ist meine Familie, da ist inzwischen ein zweites Enkelkind geboren und besonders in Coronazeiten ist das sehr eng geworden. Meine Tochter und die beiden Enkel sind oft hier und fühlen sich sehr wohl mit dem Garten und der kinderfreundlichen Umgebung, den Hausbewohnern. In deren Haus ist das anders, entwickelt sich aber z.Zt. unter Corona, sie bewirtschaften jetzt ihren bisher lieblos begrünten Hof mit Gemüse und Blumen.

Ich wohne im Erdgeschoss am Garten Rosenduft, dahinter der Park, da genieße ich die Naturnähe mitten in der Stadt. Die Karnickel laufen herum, mein Kater, und abends kommt regelmäßig der Igel vorbei, manchmal auch der Fuchs. Das entschädigt für den Partylärm im Park, denn ich kann nicht erwarten, in Kreuzberg die Stille des Landlebens zu haben. Allerdings – auch dafür haben wir eine AG!
Marianne H.

Fotos von Florian B., Nele F., Sabine J., Uli S, Eva Z.

Die auf den Seiten von Werkraum und Möca dargestellten Aktivitäten zeigen die tägliche Nutzung unserer Gemeinschaftsräume. Auch Ein Blick in den Terminkalender macht die Vielfalt aktueller Veranstaltungen deutlich.