Helene und Georg Rosenstock

Im Umfeld unserer Möckernkiez-Genossenschaft lebten in früheren Zeiten Menschen, an die erinnert werden sollte. Zu ihnen gehören Helene und Georg Rosenstock.


Stolpersteine für unsere Nachbarn
Vor achtzig Jahren wären sie unsere Nachbarn gewesen – Helene Rosenstock, geborene Hagelberg, und Georg Rosenstock, seit 1933 wohnhaft in der Yorckstraße 60, zuletzt in einer 2-Zimmer-Wohnung im 3. Stock. Beide wurden am 3. März 1943 in Auschwitz ermordet. An ihr Schicksal erinnern seit 2014 zwei Stolpersteine vor der Eingangstür des von ihnen bewohnten Hauses, das nur eine Straßenbreite von unserer heutigen Wohnanlage entfernt liegt.
Helene Rosenstock, geboren 1885 in Zerbst, war Kaufmännische Angestellte, arbeitete dann bis 1939 überwiegend als Dolmetscherin und Übersetzerin. Anschließend wurde sie zur Zwangsarbeit bei einem Wäscheverleih in Tempelhof verpflichtet.
Der 1879 in Berlin geborene Georg Rosenstock war ebenfalls Kaufmännischer Angestellter, absolvierte aber nebenher eine Ausbildung zum Cellisten. Als solcher war er in verschiedenen Kapellen tätig. Seit 1927 arbeitete er als Angestellter bei der LVA Berlin, bis er 1933 als Jude Berufsverbot erhielt. 1941 wurde auch Georg Rosenstock zur Zwangsarbeit verpflichtet – in einer Berliner Firma, die Schneeketten herstellte.
Seit 1928 waren Helene und Georg miteinander verheiratet. Beide waren zum Zeitpunkt der Eheschließung schon über 40 Jahre alt. Die Ehe blieb kinderlos.
Wahrscheinlich wurden Georg und Helene Rosenstock Opfer der nach 1945 so bezeichneten „Fabrikaktion“ vom Februar 1943. Jüdische Zwangsarbeiter wurden am Arbeitsplatz, aus ihren Wohnungen und von der Straße weg verhaftet und in mehreren Transporten deportiert. Die Zahl der in dieser Aktion aus Deutschland nach Riga und Auschwitz deportierten jüdischen Menschen betrug fast 11.000, allein in Berlin waren es rund 7.000.
Die Gestapo benutzte für diese Verhaftungswelle, durch die Jüdinnen und Juden aus den für die Kriegswirtschaft wichtigen Betrieben herausgedrängt werden sollten, den Begriff „Großaktion Juden“ oder „Evakuierungsaktion“. Der Befehl zur Deportation kam von Hitler persönlich, nähere Anweisungen für die „technische Durchführung der Evakuierung von Juden nach dem Osten“ ergingen durch Adolf Eichmann im Reichssicherheitshauptamt.
Eine aufsehenerregende Sonderstellung erlangte in diesem Zusammenhang die Protestaktion von nichtjüdischen Frauen vor dem Sammellager Rosenstraße in Berlin-Mitte. Dort wurden in „Mischehe“ lebende Häftlinge, „Geltungsjuden“ und einige „jüdische Mischlinge“ zur weiteren Überprüfung festgehalten. Viele von ihnen mussten aber am 1. März 1943 wieder freigelassen werden, weil selbst Gestapo und Schutzpolizei gegen den lautstarken und andauernden Protest der Angehörigen nicht ankamen.
Die meisten der in den anderen Berliner Sammellagern Inhaftierten wurden bis zum 6. März 1943 in fünf Transporten nach Auschwitz deportiert. Zwei Drittel von ihnen wurden dort sofort nach ihrer Ankunft ermordet. Unter ihnen befanden sich auch Helene und Georg Rosenstock. Für beide wurden nach Kriegsende von Verwandten in Schweden und den USA Anträge auf Entschädigung gestellt und teilweise bewilligt.
Auch in diesem Jahr werden die Mitglieder der AG Erinnerungsort wieder Stolpersteine reinigen, unter ihnen jene für Helene und Georg Rosenstock vor der Yorckstraße 60. Diese Aktion wird am Jahrestag der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 stattfinden.
Text und Foto: Norbert Peters