Molière als krönender Abschluss der OpenAir-Saison im Möckernkiez

Der Möckernkiez OpenAir-Kultursommer 2023 wurde mit einem Stück von Molière fulminant beendet. Den „Tartuffe“ führte das Möcki-Ensemble an vier Tagen auf. Das Skandalstück war nach der Uraufführung verboten worden, zu herb die darin enthaltene Kritik an Religion und Heuchelei. Auch im Möckernkiez stand die Aufführung auf der Kippe.

Einmal im Jahr verwandeln sich einige unserer Nachbar:innen in komödiantische Gestalten, unterstützt durch fetzige Schminke und wunderschöne Kostüme. Das MöckiEnsemble führte uns frei nach Molière die Geschichte um den Tartuffe vor. Die Darsteller:innen bewegen sich nach Musik und sprechen zum Teil lange, komplizierte Texte mit einer solchen Freude am Spiel, dass ihnen an jedem der vier Abende das Publikum begeistert folgte.

„Ich war schwer beeindruckt von eurer Aufführung gestern.

Was Ihr da zusammen auf die Beine stellt, ist irre, so perfekt, humorvoll, frivol, mit wenig Dekoration & viel Wirkung – man merkt euer Herzblut!!!“

„Wir waren gestern bei Eurem Theaterspiel. Mega toll und lustig. Ihr spielt echt wie die Profis. Hat mir großen Spaß gemacht. Ich kann mir aber auch vorstellen, was für eine heiden Arbeit da dahinter steckt! Chapeau!!“

„Tartuffe“ ist eine der berühmtesten Komödien von Moliere. Sie handelt von einem scheinheiligen betrügerischen Frömmler, der sich in das Vertrauen eines reichen Bürgers namens Orgon einschleicht und dessen Familie ausnutzt und bedroht. Orgon ist so von Tartuffes falscher Frömmigkeit geblendet, dass er ihm seinen Besitz und seine Tochter verspricht und droht sich mit seiner ganzen Familie zu überwerfen. Nur Orgons Frau Elmire, ihr Bruder Cleante und die Zofe Dorine erkennen Tartuffes wahres Gesicht und schmieden einen Plan, um ihn zu entlarven der aber fast an der Blindheit und Eigensinnigkeit Orgons scheitert.  Nur eine umsichtige Obrigkeit schiebt seinem Treiben schließlich einen Riegel vor.

Die Komödie ist eine scharfe Kritik an der Heuchelei und dem Fanatismus in der damaligen Gesellschaft, die dennoch nichts an ihrer Aktualität verloren hat. 

Moliere war ein französischer Schauspieler, Theaterdirektor und Dramatiker, der im 17. Jahrhundert zur Zeit der absolutistischen Regentschaft des Sonnenkönigs Luis XIV in Frankreich lebte und arbeitete.

Moliere gilt als einer der bedeutendsten Freidenker der französischen Literatur, weil er in seinen Komödien die gesellschaftlichen Normen und die meisten Machtstrukturen seiner Zeit kritisierte und hinterfragte. Er war ein Anhänger des Rationalismus und des Humanismus, die die Freiheit und die Würde des Menschen betonten. Er blieb dabei seinem künstlerischen Ideal treu und verteidigte seine Werke mit Mut und Witz.

Die Konsequenzen seines kritischen Geistes bekam er besonders bei seinem Theaterstück „Tartuffe“ zu spüren. Es wurde am 12. Mai 1664 in einer ersten Version unter dem Titel “Der Tartuffe oder der Heuchler” im Beisein des Sonnenkönigs Luis XIV im Schloss Versailles uraufgeführt und löste aufgrund seiner drastischen und für die damalige Zeit revolutionären Kritik an religiösem Heuchlertum einen Theaterskandal aus, der angetrieben durch die Königsmutter Anna und ihrem religös-konservativen  Beraterstab zum Verbot des Stücks führte. Erst eine geänderte dritte Fassung, die am 5. Februar 1669 im Palais Royal in Paris uraufgeführt wurde, entging nach dem Tod der Königsmutter der Zensur. Dank für die großartige, mutige Zeichnung jeder einzelnen Figur, für die kreative und straffe Hand der Regie, für die Technik und die helfenden Hände hinter den Kulissen. Ein toller Abschluss unserer Kulturangebote in diesem Sommer auf dem Kiezplatz. Wir freuen uns auf mehr davon im kommenden und den folgenden Jahren.


 

Die OpenAir-Veranstaltungen der AG Kultur:

Wir starteten  im Mai in14-tägigem Rhythmus mit dem Auftritt der Rock-Punk-Band von Florian Ziolko – einer unserer Nachbarn. Wie beabsichtigt gelang es auch jüngere Mitbewohner:innen zum teilnehmen und Mittanzen zu  begeistern. Danach gab es ein wunderbares Konzert mit Musik aus Serbien gefolgt von Musik sowohl folkloristisch als auch politisch aus Italien. Das Vokalensemble  „Schall und Rauch“ sorgte für musikalische Erinnerungen aus der Zeit der Comedian Harmonists. Wolfgang Gersdorff – ebenfalls ein Nachbarn – sorgte dann mit seiner Band „dreisilben“ für eine stimmungsvolle Atmosphäre.

In Erinnerung an vergangene politische Zeiten der 70er/80er Jahre sang Gymmik, Sänger von Ton Steine Scherben, Lieder von Rio Reiser.

Der Auftritt von unserer Nachbarin Charlotte Neef, Gesang, und Raphael, Gitarre, verzögerte sich, da uns ein Polizeiaufgebot von drei Polizisten und einer Polizistin überraschte. Doch die Band sorgte mit einem flotten Anfangs-Stück für eine ausgelassene Stimmung, die wir uns nicht nehmen lassen wollten, nachdem die Polizei nach gutem Zureden abgezogen war.

Die AG Kultur freut sich in jedem Jahr über die begeisterte Resonanz der OpenAir-Konzerte, an denen sich die auftretenden Künstler und Künstlerinnen über reichlich eingesammelte Geld-Spenden aus dem Publikum freuen.