Stolpersteinreinigung am 9. November 2025

Stolpersteinreinigung am 9. November 2025.

Ein gutes Dutzend Möckernkiez-Bewohner:innen versammelte sich am 87. Jahrestag der sogenannten Reichspogromnacht in der Yorckstraße, um im Wohnumfeld der Möckernkiez-Genossenschaft die auf Initiative des Künstlers Gunter Demnig verlegten Stolpersteine zu reinigen. Mit diesen kleinen Denkmälern wird an das Schicksal von Menschen erinnert, die in der NS-Zeit verfolgt, vertrieben und oft umgebracht wurden.

Die Novemberpogrome 1938 waren von den Nationalsozialisten gelenkte Gewaltmaßnahmen gegen Juden in Deutschland und dem „angeschlossenen“ Österreich. Dabei wurden vom 7. bis 13. November etwa 800 Juden ermordet. Über 1.400 Synagogen, Bethäuser und tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe wurden zerstört.

Die Pogrome bilden den Übergang von der Diskriminierung der Juden seit 1933 zu ihrer systematischen Vertreibung und Vernichtung. Anders als von der NS-Propaganda dargestellt, waren sie kein „spontaner Volkszorn“. Sie sollten die bereits vorher begonnene gesetzliche „Arisierung“, also die Zwangsenteignung jüdischen Besitzes beschleunigen, um damit die Aufrüstung zu finanzieren.

Schon im Januar 1937 hatte der „Reichsführer SS“ Heinrich Himmler erstmals öffentlich die „Entjudung Deutschlands“ gefordert. Das sei am leichtesten durch Mobilisierung des „Volkszorns“ und Ausschreitungen zu erreichen. Exemplarisch beschreibt ein Augenzeuge aus Nürnberg die Auswirkungen dieser Mobilisierung:

„Zuerst kamen die großen Ladengeschäfte dran; mit mitgebrachten Stangen wurden die Schaufenster eingeschlagen, und der am Abend bereits verständigte Pöbel plünderte unter Anführung der SA die Läden aus. Dann ging es in die von Juden bewohnten Häuser. (…) Wurde auf das Läuten die Wohnung nicht sofort geöffnet, schlug man die Wohnungstür ein. Viele der ‚spontanen‘ Rächer waren mit Revolver und Dolchen ausgestattet; jede Gruppe hatte die nötigen Einbrecherwerkzeuge wie Äxte, große Hammer und Brechstangen dabei. Einige SA-Leute trugen einen Brotbeutel zur Sicherstellung von Geld, Schmuck, Fotos und sonstigen Wertgegenständen. (…) Glastüren, Spiegel, Bilder wurden eingeschlagen, Ölbilder mit den Dolchen zerschnitten, Betten, Schuhe, Kleider aufgeschlitzt, es wurde alles kurz und klein geschlagen. (…) Vorgefundene Geldbeträge wurden konfisziert, Wertpapiere und Sparkassenbücher mitgenommen. Das schlimmste dabei waren die schweren Ausschreitungen gegen die Wohnungsinhaber, wobei anwesende Frauen oft ebenso mißhandelt wurden wie die Männer. (…)“

Im Gedenken an solche und ähnliche Gewalttaten legten die Möckernkiezbewohner:innen bei ihrer Aktion weiße Rosen neben den etwa 40 gereinigten Stolpersteinen im Bereich Yorckstraße, Hornstraße, Möckernstraße und Hagelberger Straße ab. Zudem wurden den Helfenden vor Ort einige individuelle Schicksale von Verfolgten in Erinnerung gerufen.

Spontane Reaktion eines zufällig vorbeikommendes junges Paares, dem die Rosen und die Stolpersteine auf dem Gehweg aufgefallen waren: „Das ist ja klasse, was ihr da macht.“

Text: Norbert Peters

Fotos: Stefanie Elmendorff